Die diesjährige Reihe der MCS-Konzerte wurde am Freitag vom Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester eröffnet.
Das Podium in der St.-Johann-Kirche war fast zu klein für alle: etwa hundert Mitwirkende des Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchesters, rund siebzig Sängerinnen und Sänger des L’Accroche- Choeur Fribourg sowie die Vokalsolisten Angela Kerrison, Sopran, und Simon Schnorr, Bariton, die unter der Leitung von Kai Bumann das erste Konzert des Musik-Collegiums Schaffhausen am letzten Freitag im St. Johann gestalteten.
«Ein deutsches Requiem» von Johannes Brahms wurde hier zu jenem Erlebnis, von dem Clara Schumann sagte, es sei «ein ganz gewaltiges Stück, es ergreift den Menschen in einer Weise wie wenig anderes. Der tiefe Ernst vereint allen Zauber der Poesie, wirkt wunderbar, erschütternd und besänftigend.» Dieses Opus 45 des 33-jährigen Brahms steht in seiner Form und seinem geistlichen Gehalt einsam da neben vielen anderen Requiems der Musikgeschichte, die vom Text her meist nach der lateinischen Totenmesse verfasst sind. Nicht die Bitte um Ruhe, Gnade und Erlösung für die Verstorbenen ist Brahms’ Anliegen, sondern das Thema Sterblichkeit und der Trost für die noch Lebenden.
Die Interpreten haben die vornehme Aufgabe, die subtilen stilistischen Merkmale des Werks so darzustellen, dass das Ganze nicht einfach wie eine geistliche Suite von sieben Sätzen wirkt, sondern eher wie eine sinfonische Kantate, in der die Texte und das musikalische Gefüge eng aufeinander bezogen sind. Diese Sinngestalt ergab sich denn auch durch die ebenso getragene wie klar artikulierte Singweise des bewunderungswürdigen Chors, der sich mit dem Orchesterklang ideal mischte. Und auch umgekehrt: Das Orchester korrespondierte in Klangebung und Phrasierung meist differenziert mit dem Chor. Freilich: Der Weg zum Pianissimo ist steinig und für alle Musiker etwas vom Schwierigsten; und so gab es Stellen, wo der Dirigent beziehungsweise das Orchester etwas zu vordergründig reagierte.
Zwei schöne Solostimmen brachten ihre Parts bewegend zum Ausdruck. Als eigentliches Lehrgedicht gestalteten Simon Schnorr und der Chor den dritten Teil «Herr, lehre doch mich» aus Psalm 39. Kamen hier auch die tieferen Partien des Solisten nicht voll zum Tragen, so erlebte man ihn doch in mittleren und höheren Lagen als überzeugend gestaltenden Sänger, der sich auch in seiner zweiten Partie mit tiefer Empfindung den Texten aus dem Neuen Testament widmete. Mit bewegender Innigkeit und ausdrucksreicher Stimme gestaltete Angela Kerrison den trös-tenden Text aus dem Johannesevangelium, «Ihr habt nun Traurigkeit».
Der Schlusschor bringt, als musikalisches und textliches Pendant zum ersten Teil, eine Seligpreisung. Wenn eingangs jene getröstet werden, «die da Leid tragen», so werden im letzten Satz die Toten seliggepriesen, «die in dem Herrn sterben». Sicher wäre auch Clara Schumann von dieser packenden Aufführung beeindruckt gewesen!
Monica Zahner